Hoch auf einem uralten Baum am Ufer des Niassa-Sees fängt alles an für unsere Mango, die sich schon bald auf eine weite Reise begeben wird. Es ist Oktober, und es wird jeden Tag heisser unter der Mosambikanischen Sonne: das Zeichen für die Mangos, heranzuwachsen und langsam zu reifen. Im November biegen sich die Äste dann bereits unter dem Gewicht der Früchte.
Die Mangos werden täglich genau beobachtet von der Bäuerin im Haus neben dem Baum. An einem Morgen stochert sie dann mit einem langen Bambusstock im Geäst über ihr. Unsere Mango ist schon gross und schwer, und es braucht nur einen kleinen Schubser, um sie zum Fall zu bringen. Die Reise geht los.
Das Abenteuer beginnt
Unsere Mango wird eingesammelt und mit etwa hundert Mitmangos in einen grossen Reissack gepackt. Ein Paar Stunden später fällt ein Lichtschein in den Sack, und ein junger Mann mit einem knallgelben Hut schaut durch die Öffnung. Es ist Bwanar von Nyanja, der die Qualität begutachtet. Dann wird der Sack mit einem Ruck hochgehoben und zum Wägen an einen Haken gehängt. 17 kg, alles wie es sein soll. Die Bäuerin bekommt ihre Bezahlung bar auf die Hand und geht zufrieden davon. Morgen wird sie den nächsten Sack bringen.
Nun ist unsere Mango erstmals unterwegs, auf dem Lastwagen ins Nachbardorf Nkholongue, zu Nyanjas Mangofabrik. Nach einer holprigen Fahrt über Stock und Stein wird der Sack abgeladen. Die Mangos werden unter einem grossen Strohdach in ein Beet geleert, wo sie noch mehrere Tage nachreifen werden. Während dieser Zeit werden sie täglich von Hand befühlt, bis sie genau die richtige Reife zum Trocknen erreicht haben.
Endlich Action
Am dritten Tag ist unsere Mango soweit: weich genug, um beim Drücken mit dem Finger etwas nachzugeben, aber noch nicht so sehr, dass dabei eine Delle zurückbleibt. Jetzt bekommt die Mango ein erfrischendes Bad mit reinem Wasser, damit sie sauber den Verarbeitungssaal betreten kann.
Kurz darauf liegt die Mango in einem mit Neonröhren belichteten Raum, in dem reger Betrieb herrscht. Auf dem Verarbeitungstisch macht das Nyanja-Team kurzen Prozess: mit dem scharfen Messer wird die Mango in einer Spirale geschält, als wäre sie ein Manderinli. Darauf folgen zwei geübte Schnitte mit einer gekrümmten Klinge, um den Stein sauber vom Fruchtfleisch zu trennen. Die beiden “Backen” (offizieller Mango-Jargon für die gewölbten Hälften) werden auf einem Plastikgitter angeordnet. Dieses wird auf ein Wägeli gestapelt, und in den Trocknungsofen gerollt.
Ab in die Sauna
Dann wird es heiss, und unsere Mango (eigentlich ja jetzt zwei Mangobacken) fängt an zu schwitzen. Bei genau 62°c verliert sie einiges an Wasser. Als sich die Türen des Trockners nach 15 Stunden wieder öffnen, wiegt sie noch etwa ein Fünftel. Nochmals wird sie begutachtet. Keine “Kissen” von Wasserrückständen mehr? Aber immer noch schön weich und biegsam? Perfekt, einmal mehr den optimalen Zeitpunkt erwischt!
Das Wägeli rollt aus dem Trockner in einen weiteren Saal, wo unsere Mango ein letztes Mal genau untersucht wird. Beim Abtrennen des Steins ist ein Stück vom Kern mitgekommen. Der wird jetzt noch von Hand abgeschnitten, damit sich die Mango makellos auf den Weg in die Schweiz machen kann. Sie wird in einen Beutel abgefüllt, der darauf vakuumiert, versiegelt und in eine Kartonschachtel gepackt wird.
Um die Welt in 90 Tagen
Jetzt ist es eine ganze Weile finster um unsere Mango. Drei Monate lang, um genau zu sein, in denen sie ziemlich herumkommt. Als erstes von der Fabrik per Lastwagen nach Nacala an der Küste des Indischen Ozeans, wo sie im vollen Container auf ein Frachtschiff geladen wird. Dieses bringt die Mangos in die Seychellen, von dort weiter Richtung Norden bis in den Oman, und schliesslich durch den Suezkanal ins Mittelmeer und rund um Europa bis nach Hamburg. Auf einem Rheinschiff kommt die Mangofracht weiter nach Basel, und schliesslich per Lastwagen zu Nyanja nach Bern.
Bei uns im Lager kommt unsere Mango endlich wieder ans Licht. Als erstes bekommt sie ein neues Kleid. Das schöne Cellophanpäckli trägt eine Kartonetikette mit dem stolzen Bild der Mangobäuerin mit dem Bambusstock. Es ist ein schönes Wiedersehen und die Mango ist froh, ein Stück Heimat dabeizuhaben. Sie freut sich aber auch darauf, bis ihr Päckli von jemandem bestellt wird. Bei wem wird sie am Ende ihrer Reise wohl ankommen?