“Ameneyo ndine!” – “Das bin ich!” ruft Sumini begeistert. Ihre Nachbarn scharen sich um sie, um auch einen Blick auf die Fotos zu erhaschen. Die Leute staunen ungläubig, lachen laut und fangen intensiv zu diskutieren an. Die Fotos machen die Runde, Köpfe werden darüber zusammengesteckt. Die Kinder wollen auch sehen. Schau dir mal das hier an! Was ist das da im Hintergrund? Erleichtert schaue ich mir die Szene auf der Veranda vor Suminis Haus an. Es sieht aus, als würde es funktionieren.
“Das macht eh niemand”
Die Reaktionen auf meine Idee waren anfangs nicht nur ermutigend. Warum sollte jemand ein Foto von sich mit einem Mangopäckli machen und es nach Mosambik schicken? Heutzutage hat doch niemand Zeit für so etwas. Und die Leute in Mosambik, die die Fotos dann bekommen, interessiert sie das? Haben die nicht ganz andere Probleme?
Das waren berechtigte Einwände. Dennoch sagte mir etwas, dass viele Leute in der Schweiz gerne einen Fotogruss zu den Mangobauern in Mosambik schicken würden. Und dass sich die Menschen im Dorf ausserordentlich darüber freuen würden. War ich zu idealistisch?
Wertschätzung und Freude teilen
Zugegeben, an Idealismus mangelte es nicht. Ich war überzeugt, dass ich mit meinem Projekt Menschen verbinden konnte. Eine Brücke schlagen zwischen zwei Welten. Denn wenn immer ich mit neuen Bildern und Geschichten aus Mosambik in die Schweiz zurückkam, waren die Leute zu Hause fasziniert davon. Und wenn ich den Menschen im Dorf Bilder aus meiner Heimat zeigte, waren sie begeistert. Sie wollten wissen, wie wir dort leben, freuten sich über Gemeinsamkeiten und staunten über unsere kuriosen Seiten. Das gegenseitige Interesse war offensichtlich.
Aber es ging noch tiefer. Ich glaube, dass unsere tägliche Arbeit mehr sein soll, als eine Einkommensquelle. Um glücklich zu werden bei der Arbeit, müssen wir Sinn darin finden. Dieser wiederum kommt davon, dass wir uns mit dem, was wir kreieren, identifizieren können. Dass wir uns selbst darin widerspiegelt sehen. Und dass wir Wertschätzung dafür zu spüren bekommen. Das trifft überall und auf alle Menschen zu, auch auf Mangobauern im Hinterland von Mosambik.
Mein Anspruch war es also, dass mein Mangoprojekt den Bauern nicht nur ein Einkommen bringen sollte, so wichtig dieses auch ist. Es sollte zudem eine Quelle von Stolz und Freude für sie sein. Sie sollten sich identifizieren können mit ihrem Produkt, also sollte es auch ihre Gesichter und Namen tragen. Und sie sollten Anerkennung erfahren durch die Fotogrüsse von ihren Kunden. Aber würden die Leute mitmachen? Würde es den gewünschten Effekt erzielen? Man musste es einfach probieren.
Es gibt noch andere Idealisten
Wir druckten also die Portraits der Bäuerinnen gross auf die Vorderseite unserer Mangopäckli. Darunter ihre Namen und ihren Jobtitel: “Mangobäuerin”, «Mangobauer». Auf unserer Webseite richtete ich eine Page ein, auf der die Besucher ein Foto von sich in eine Galerie hochladen konnten. Auf der Rückseite der Päckli forderten wir unsere Kunden auf, den Bauern einen Fotogruss zu schicken.
Und die Leute machten mit. Wir bekamen zuerst dutzende, dann hunderte von Bildern. Alle möglichen Leute wollten ihre Mangobauern grüssen. In den verschiedensten Situationen nahmen sie sich die Mühe: zu Hause, auf Wanderungen, auf der Skipiste, sogar im Spital zusammen mit dem neugeborenen Kind im Arm! Jetzt musste es nur noch richtig ankommen bei den Empfängern.
Ein Bild sagt mehr…
Vor meiner nächsten Reise nach Mosambik liess ich alle zugesandten Bilder entwickeln und packte sie in meinen Koffer. Im Dorf machte ich mich auf einen Rundgang, um sie zu verteilen. Als erstes kam ich bei Sumini an, und der Effekt war wunderbar.
Während die Leute vor Suminis Haus die Bilder bestaunten, sagte ich zu Gito, meinem langjährigen Mitarbeiter aus dem Dorf, ich sei nicht sicher gewesen, wie die Leute reagieren würden. Er lachte nur. “Natürlich freuen sie sich! Sie haben noch nie so einen Gruss bekommen. Die Fotos werden sie alle in ihren Häusern an die Wand hängen.”
Nach einer Weile verabschiedeten wir uns von Sumini und ihrer Familie. Sie hatte ihre Fotogrüsse wieder eingesammelt und hielt sie nun im Schoss wie einen wertvollen Schatz. Jedes zeigte eine fremde Person aus der Schweiz – Jung und Alt, Frauen, Männer und Kinder – und jede hielt im Bild ein Päckli Mangos hoch, auf dem Suminis Gesicht zu sehen war. Und alle lächelten, auf den Bildern wie auch auf Suminis Veranda.