
Bei unserem ersten Treffen hat mir Chefe Momadi noch angedroht, mir die Kehle durchzuschneiden. Im Gegenzug habe ich ein Fussballturnier zu seinen Ehren organisiert und bin jetzt drauf und dran, vor seinen Untertanen eine Lobesrede für ihn zu halten. Mit aufgeschürften Knien und verdrecktem Gesicht vom letzten Spiel stehe ich auf. Das versammelte Volk verstummt, alle schauen erwartungsvoll zu mir. Was tut man nicht alles für sein Projekt…
Mudubai Momadi ist der “Chefe do Posto” in unserem Bezirk, eine Art Gemeindepräsident in Mosambiks mächtigem Staatsapparat. Mir wurde geraten, bei ihm vorzusprechen. Nur zur Sicherheit – er würde sonst bald selbst erfahren, dass wir in seinem Hoheitsgebiet Projekte planen. Die Tentakel der Partei reichen bis ins hinterste Dorf und alles Berichtenswerte wird die Hierarchie hochrapportiert. Das würde sich nicht gut machen – besser, ich ergriff selbst die Initiative.
Also fuhr ich eines Morgens von Nkholongue noch weiter in die Provinz hinaus bis zum Ende der Strasse in Meluluca. Momadis Büro ist das einzige Haus mit Zementverputz und steht etwas abseits der Lehmhäuser des Dorfes auf einer Anhöhe. Ein eingeschüchterter junger Mann in übergrossem Hemd öffnete und bat mich, zunächst draussen zu warten, der Chefe sei beschäftigt. Ein Plastikstuhl wurde mir angeboten. Also setzte ich mich neben den Fahnenmast mit der Staatsflagge – rot, grün, schwarz, gelb; Feldhacke, offenes Buch, Kalaschnikov mit Bajonett.

Momadi empfing mich schliesslich hinter seinem gänzlich leeren Schreibtisch unter dem obligatorischen Portrait des Präsidenten. Ich erzählte ihm von meinen Plänen – Mangofabrik, Bauern unterstützen, Einkommen schaffen – bis er mich plötzlich unterbrach. Er habe schon viele Vorwände gehört von ausländischen Gaunern wie mir, die sich an die lokalen Bodenschätze heranmachen wollten. Und mit solchen machten sie kurzen Prozess: er lehnte sich weit über sein Pult vor, starrte mir in die Augen und fuhr sich langsam mit dem Zeigefinger über die Gurgel. “Und zwar gleich hier, in diesem Raum!”
Obwohl mir da etwas mulmig wurde, gelang es mir doch noch, den Chefe von meinen besten Absichten zu überzeugen. Bevor ich ging, erwähnte er beiläufig, er habe schon lange vor, ein Fussballturnier mit allen Dörfern in seinem Bezirk zu organisieren. Nur fehle leider das Geld für die Siegerpreise… Ich liess mich nicht zweimal bitten. Was für eine wunderbare Idee, da konnte ich selbstverständlich helfen, auch bei der Organisation des Ereignisses!

So kam es, dass drei Wochen später das Volk aus allen Dörfern im Distrikt nach Meluluca pilgerte, um ihre Mannschaften anzufeuern. Wir aus Nkholongue waren ebenfalls vertreten, mit mir als Sturmspitze. Das Publikum stand dicht gedrängt um den ausgedörrten Platz mit den netzlosen Toren aus je zwei Baumstämmen und einem langen Ast. Jedes Mal, wenn ich als einziger weisser “Mzungu” von der Verteidigung ausgehebelt wurde und im Staub lag, gab es tosenden Jubel. Ich hätte fast noch das Siegestor im Final geschossen, aber es sollte nicht sein…
Nach dem Spiel überreiche ich als Sponsor der heimischen Siegermannschaft ihre Preise: einen Ball und ein Trikot für jeden Spieler. Da murmelt mir Momadis eingeschüchterter Sekretär ins Ohr, der Chefe werde nun noch eine Rede halten und würde es schätzen, wenn ich ihn ankündigen könnte. Ich bin zu erschöpft zum Hadern. Vor versammeltem Volk warte ich, bis alles ruhig ist, hebe die Faust in die Luft und rufe: “ein Hurra auf unseren Chefe do Posto!”