Der Lärm des vorbeirasenden Minibusses reisst mich aus dem Schlaf. Während die verbeulte “Chapa” in der Ferne verschwindet, öffne ich blinzelnd meinen Sicherheitsgurt und klettere unbeholfen aus dem Auto. Auf dem schmalen Grasstreifen neben der ausgefransten Teerpiste strecke ich mich benommen. So still… nur ein leises Rauschen im mannshohen Gras, das Zirpen von Insekten, mein eigenes Atmen. Wie lange habe ich geschlafen? Wohl nur kurz, es ist immer noch hell. Zum Glück habe ich angehalten, als ich merkte, dass mir beim Fahren die Augen zufielen.
Ich schnaufe tief durch und sehe mich um. Von der Anhöhe aus reicht mein Blick weit übers Land. Nach einem halben Jahr Trockenzeit ist die Buschlandschaft karg. Braun und olivgrün erstreckt sie sich vor mir hin zu den steilen Hügeln in der dunstigen Ferne. Hier und dort bricht eine rechtwinklige Pinienplantage das harmonische Bild. Seit ein paar Jahren stehen diese künstlichen Tannenwälder überall auf dem Niassa-Hochplateau. Teils sind sie abgebrannt – die einheimischen Menschen sind den ausländischen Mega-Investitionen auf ihrem Land nicht überall freundlich gesinnt.
Die nächste Chapa höre ich von weitem heranbrausen. Das Fahrgestell des alten Gefährts ist verbogen, so dass es leicht seitwärts daher kommt, wie eine Krabbe. Beim Näherkommen verlangsamt der Bus und die Lichthupe leuchtet auf – “alles okay?” Ich signalisiere dem hilfsbereiten Fahrer per Daumen hoch, dass ich selbst zurechtkomme, danke. Er zieht vorbei, ich winke seinen eingezwängten Passagieren zu und bin froh um mein eigenes Fahrzeug. Obwohl, lieber im Minibus eingepfercht als auf dem Dach angebunden wie die arme Ziege oben drauf.
Zeit zum Weiterfahren. Ich steige in den verstaubten Pajero und versuche, die Plastikrohre zu richten, die über meinen Sitz hinein gegen die Windschutzscheibe ragen. Dahinter stapeln sich meine Einkäufe aus der Stadt bis unters Dach: Kisten voller Werkzeug und Baumaterial, Gasflaschen, eine Garette, Gemüse und Früchte frisch vom Markt. Ich nehme den letzten Schluck Coca-Cola aus der Dose und werfe sie zu den anderen unter den Beifahrersitz. Die handgemalte Werbung (rot-weiss verschnörkelt) an der letzten Tankstellenfassade hat es mir angetan.
Geradewegs in Richtung Abendsonne fahre ich halb blind im Slalom um die Schlaglöcher. Je weiter ich ins Hinterland vordringe, desto breiter und tiefer werden sie. Früher wurden sie wenigstens alle paar Jahre vor den Wahlen geflickt, wenn der Staatspräsident die Region am Niassa-See besuchte. Heute fliegt er im Helikopter hin und die Strasse ist dem Zerfall überlassen.
Weiter über die dürre Hochebene und durch verschlafene Dörfer mit Namen wie “Chilepitangongo”, schön langsam, um keine Hühner zu überfahren. Nach Maniamba am Rand des Plateaus fällt das Land steil ab und die Strasse windet sich die Hügel hinunter. Vielerorts sind die rostigen Leitplanken durchbrochen. An einer Stelle liegt ein Lastwagen auf dem Dach im Tal. Die brauchbaren Teile wurden bereits abmontiert und weggetragen.
Mit dem letzten Tageslicht überquere ich die Kuppe vor Metangula und der riesige Niassa-See liegt mir zu Füssen. Am Ufer verteilt erahne ich die Silhouetten der majestätischen Mangobäume. Seit Generationen stehen sie da, und in diesem Moment scheint es mir, als hätten sie auf mich gewartet.